Langsam wird es warm und ich schreibe den Beitrag auch grade auf meinem sonnigen Südbalkon. Ein Traumwetter ist das heute! Da bekommt man direkt Lust zu grillen. Und was passt da besser dazu als ein frisches, rösches Baguette?
In dem Zusammenhang habe ich mir schon länger Gedanken gemacht. Brauche ich für ein gutes Baguette unbedingt Spezialmehle aus Frankreich oder Übersee? Will ich überhaupt versuchen ein original französisches Baguette zu imitieren, oder genügt es vielleicht auch ein gutes deutsches Baguette *räusper* bzw. Stangenweißbrot zu backen? Wenn ja wie geht das?
Die Antworten lauteten jeweils natürlich nein. Ich vertrete die Haltung, dass die Kunst des Bäckers darüber entscheidet wie er mit den Rohstoffen, die vor Ort zur Verfügung stehen das Beste herausholt. Global denken, lokal handeln wie man immer so schön sagt.
Was mir in diesem Zusammenhang auch schon länger im Kopf herumgeistert ist die Frage, wie ich Dunst in der Bäckerei einsetzen kann. Für Nudeln, Spätzle usw. ist das ein hervorragendes Mahlprodukt, also wird es Zeit sich auch darüber mal Gedanken zu machen. Herausgekommen ist ein für mich doch recht annehmbares „Stangenweißbrot“ 😉 (Ich sage jetzt mal bewusst nicht Baguette, das überlasse ich lieber den Kollegen aus Frankreich)
Zum Rezept:
Stangenweißbrot nach Art des französischen Baguette:
Poolish:
- 150 g Dinkeldunst
- 150 g Wasser (kalt)
- 1 g Hefe
Für den Poolish die Hefe im Wasser aufschlämmen und den Dunst einrühren. Danach ca. 2 h anspringen lassen und bis zum nächsten Tag im Kühlschrank gären lassen. Er darf ruhig etwas überreif sein. Die entstehende Säure wirkt sich positiv auf den Geschmack aus.
Warum ich übrigens Dinkeldunst genommen habe? Dunst ist äußerst quellfähig und nimmt viel Wasser auf, was gerade für diese Art von Brot ja gewünscht ist. Außerdem besitzt Dinkel eine andere Glutenzusammensetzung und in der Regel mehr davon. Auch dies wirkt sich positiv auf die Gebäckqualität aus.
Fermentolyse
- 301 g Poolish
- 500 g WM 550
- 350 g Wasser (kalt) ggf. 30-40 g zurückhalten
Wer mit der Küchenmaschine arbeitet, gibt zunächst das Wasser in den Kessel (behaltet am Besten noch 30-40 g zurück), darauf das Poolish und das Mehl, verrührt alles kurz (ggf. mit dem Flachschläger) und lässt es 30-60 Minuten quellen.
Hauptteig
- Fermentolyseteig
- 13 g Salz
- 5 g Hefe
In dem zurückgehaltenen Wasser vom Fermentolyseteig schlämmt Ihr das Salz auf und gebt es in den Kessel. Anschließend die Hefe. Auskneten bis zum Fenstertest. Achtet darauf, dass der Teig ca. 24-25 °C hat. Je nach Knetsystem und Knetdauer kann man das sehr leicht überschreiten.
Der Teig bekommt nun eine 10 Minuten Kesselgare. Anschließend wird er in eine Teigwanne oder Schüssel umgefüllt und darf dort mindestens zwei Stunden gären. In der Zeit wird nach je 30 Minuten 2 x der Teig aufgezogen und zusammengefaltet.
Nach der letzten Stunde der Gärung, wird der Teig vorsichtig auf die Arbeitsfläche gegeben und noch einmal aufgezogen. Hier erhält er abgedeckt mit einem Tuch noch einmal eine 10 minütige Entspannungsphase.
Den Teig, je nach Ofengröße und Bedarf entweder in 4 gleichschwere (ca. 290 g) oder 3 gleichschwere (ca. 390 g) Portionen teilen und grob vorwirken zu Zylindern. Diese erhalten eine Entspannungsphase von 5 Minuten, natürlich abgedeckt.
Danach die Stangenweißbrote (oder Baguette) wirken und in Tücher einziehen. Stückgare zunächst 20 Minuten, danach 20 Minuten zum Absteifen in den Kühlschrank geben.
Während des Aufarbeitens und der Gare wurde der Ofen bereits mit dem Backstein und einer Beschwadungshilfe auf 240°C vorgeheizt.
Die Brote werden auf den Backschießer gelegt, mit einem Rasiermesser eingeritzt und eingeschossen. Sofort viel Dampf geben und 25 Minuten backen. Danach Schwaden ablassen und 5 Minuten fertig backen, ggf. während der halben Backzeit auf 220°C zurückschalten. Nach dem Ausbacken mit Wasser absprühen.
Fertig ist der nahezu mediterrane Genuss. 🙂
Was noch zu beachten ist: Ich habe alle 4 Brote auf einmal eingeschossen, da ich der Meinung war, platzmäßig wird das hinhauen. Pustekuchen. Backt lieber auf zwei mal, sonst backen euch die Brote zusammen, wie bei mir. Im Kühlschrank halten die restlichen Brote es noch ein wenig aus zum Glück.
Und noch ein Fehler, den man schnell am Anschnitt erkennt: Nicht zu viel Kraft beim Wirken aufwenden. Sonst geht die grobe Porung verloren.
Gutes Gelingen und einen schönen Start in die Grillsaision!