Auf der Walz – Ein Backtag in Seißen

Heute gibt es mal keine Rezepte, dafür aber schöne Bilder 🙂   Ich hatte das große Vergnügen auf Einladung einer sehr lieben Freundin von mir in einem alten Backhaus in dem schönen Dörfchen Seißen auf der schwäbischen Alb mitbacken zu dürfen.   

Vermutlich muss nicht erwähnt werden, wie wunderschön dieses Dorf ist und wie toll es war, daher werde ich eher die Bilder sprechen lassen. Um 9.00 Uhr ging es los.

Dieses kleine Backhäuschen mitten im Dorf hat mich erwartet. Wunderschön gelegen, mit einer Linde unter der man sich ausruhen kann, direkt dahinter ist das Rathaus und die Feuerwehr. Zwischen Rathaus und dem Vereinsheim findet man eine sog. „Hüle“, ein typisch schwäbischer Dorfteich, der zum verweilen und ausruhen einlädt 🙂 Einen schöneren Dorfplatz gibt es glaube ich nirgendwo auf der Welt.

Im Backhaus dann der Ofen. Ein wahres Schätzchen, zwei Backöfen, sodass immer zwei Familien gleichzeitig backen konnten. Es ist leider nicht genau zu ermitteln, wann das Backhaus gebaut worden ist, aber es muss wohl ende des 19. Jahrhunderts gewesen sein. Zu der Zeit, wie vermutlich überall in den Dörfern, wurde das Brot von den Familien noch selbst gebacken. Dieser Brauch hält in Seißen bis heute an, auch wenn es nicht mehr viele sind, die darin backen. Der Vater meiner Freundin erzählte mir, dass noch es vor 30-40 Jahren gang und gebe war, dass sich die Frauen des Dorfes am Freitag Nachmittag trafen und das Backen ausgelost wurde. Jeder erhielt dann einen Tag und eine Uhrzeit, wann gebacken wurde und immer zwei Familien konnten parallel backen. Und das in zwei Schichten! Vormittags und Nachmittags. So wurde der Ofen niemals kalt und man brauchte wenig Holz.

Noch etwas Gutes konnte dieser Ofen: Über den Öfen waren sogenannte Darren, darauf konnte das Obst der dem Dorf umgebenen Streuobstwiesen für den Winter gedörrt werden. Da heute weniger gebacken wird, reicht die Hitze nicht mehr aus, um das Obst haltbar zu machen.

Vor einigen Jahren wurde der Ofen saniert und das Gewölbe wieder hergerichtet. Es ist wirklich ein Privileg darin backen zu können.

Nun ging es mit dem Anfeuern los, dafür wurden Reisigbüschel eingebracht, insgesamt knapp 30 Stück wurden an diesem Tag verfeuert. Es sollte erwähnt werden, dass man dafür mindestens 10 h im Wald zubringen muss… Brot macht Arbeit. Das sollte man nie vergessen!

Mit dem ersten Feuerchen wurde es auch in der Backstube wärmer 🙂

Gut zwei Stunden dauert es, bis das Feuer soweit herunter gebrannt ist, dass man die Glut verteilen kann und dem Ofen somit gleichmäßige Hitze zutragen kann.

Wenn die Glut heruntergebrannt ist und genug Hitze im Ofen ist (weiße Schamottsteine zeigen dies an), wird die Asche in diesen Aschekasten befördert und mit einem Hebel unter den Ofen befördert. Eine wirklich praktische Erfindung 🙂 Man braucht gut 320°C bevor man mit dem Backen beginnen kann. Sonst ist der Ofen zu kalt und es kommt kein gutes Brot heraus. Früher, so sagte man mir, hat man mit Mehl oder einer Zeitung die Temperatur gemessen. Die Zeitung oder das Mehl wurde in den Ofen gebracht und je nach Verfärbung konnte gebacken werden oder nicht 🙂

Zwischenzeitlich wurde der Teig bereitet für die Brote: Einmal reines Dinkelbrot und einmal Weizenbrotteig. Zwischendrin immer mal wieder prüfen, ob der Teig sich richtig anfässt 🙂 Ein gewisses Gefühl braucht man schon beim Backen. Wie ich später erfahren sollte, hätte ich auf die Erfahrung der Familie hören sollen, da ich den Teig etwas fester gehalten hatte, als sie es sonst tun… aber man lernt ja schließlich nie aus. Die Rezeptur bleibt ein Geheimnis, aber so viel sei verraten, es kommt dunkles Dinkel oder Weizenmehl zum Einsatz, Buttermilch, Wasser, Salz, ein Vorteig und ein Sauerteig… ich habe kein einziges Krümelchen Hefe entdeckt…

Für das Mittagessen und die fleißigen Helfer wurden „Blatz“ … (schwäbisch ausgesprochen „Blâatz“) vorbereitet, in süßer und salziger Variante. Mit Apfelmus und Grießbrei, Zucker, Zimt und süßen Bröseln, oder mit Speck, Sauerrahm, Ei und Zwiebeln… auch eine Pizza wurde vorbereitet.

Und nun die Königsdisziplin: Genetzes Brot backen. Hier lag auch mein Fehler, ich wusste anfangs gar nicht, dass wir Genetzes machen, daher hielt ich den Teig fester… nun ja 🙂 Gab trotzdem ein schönes Brot.

Beim genetzten Brot, gibt es nur eine sehr lange Kesselgare. Das Brot wird direkt aus dem Kessel mit nassen Händen ausgebrochen, in der Luft rundgewirkt und in den nassen „Schapf“ (eine überdimensionierte Schöpfkelle) mit Schluss nach oben gesetzt. Dann wird der Laib mit dem Schapf in den Ofen befördert und dort direkt auf den heißen Ofenboden ausgekippt. Das ist DAS schwäbischste Brot, dass es gibt und das ich am allerliebsten esse 🙂 Wenn man gut aufeinander eingespielt ist, wie wir es waren, ging es zack zack und in kurzer Zeit waren alle Laibe im Ofen. Knapp 40 Stück müssen es wohl gewesen sein, so viel fasst der Ofen nämlich.

Und hier noch die Ergebnisse des Brotbacktages. Nicht zu sehen sind noch 6 Emmerbrote, die im Kasten gebacken wurden. Ich finde, ein wirklich tolles Ergebnis und die Chefbäckerin und Ofendompteurin darf mit recht stolz sein auf sich 😀 Wir waren ein tolles Team ^^

Allein, dieses Backhaus wäre ein Grund für mich dort hin zu ziehen 🙂 Im Sommer nächsten Jahres gibt es ein großes Backhausfest, an dem es Brot und Blatzen gibt für alle Besucher. Wir haben den Tag ausklingen lassen, indem wir noch zwei mal angefeuert haben und noch knapp 40 Blatzen gebacken haben, die dann Freunde der Familie und Besucher verputzt haben… war ein unfassbar toller Tag 🙂